Mien Mönsterland, Stand der Diskussion

Lieber Leser,

 

nachdem ich in der letzten Woche versucht habe, die jetzige Situation der Landwirtschaft in meiner Heimat zu beschreiben, möchte ich darauf eingehen, welche Reaktionen diese Entwicklung provozierte.

 

Die Frage muss ja sein, wo überhaupt Reaktionen zu finden sind.

 

1.Ich behaupte, dass die allererste Reaktion von der Landwirtschaft selber kommt. Das mache ich am Aufkommen der alternativen, ökologischen Landwirtschaft fest, die schon vor Horst Sterns „Enthüllungen“ ihren Anfang nahm und die inzwischen fest im Spektrum der Landwirtschaft etabliert ist. Das Unbehagen, so brutal durch die wirtschaftlichen Zwänge bestimmt zu werden, ist aber in der ganzen Community Thema.

 

2.Danach in der aufkommenden Umweltbewegung. Deren Anliegen sind breit aufgegriffen worden. Nachdem die drängendsten Fragen, Atomkraft, Luftverschmutzung (in grober Form, nicht Feinstaub etc., der Himmel überm Ruhrgebiet…), Abwasser in allen möglichen Umbrüchen abgearbeitet wurde, ist die Landwirtschaft dran.

 

3.Die öffentliche Meinung. Da in erster Linie die veröffentlichte Meinung, die sich gerne die Anliegen zu 2. zu eigen macht. Dazu gehören aber auch, oder würden zumindest gerne, unsere Kirchen, denen der Wertewandel in der Gesellschaft und dem daraus folgenden Bedeutungsverlust gehörig auf den Wecker gehen.

 

4. Die Politik. Mit ihrer Durchgriffsmöglichkeit auf die Verwaltung hat die im Tagesgeschäft den allergrößten Einfluss auf das Leben der Landwirte. Klug wäre es, nicht über jedes vorgehaltene Stöckchen zu springen, aber wie will man im Rhythmus der Wahlen anders handeln? Der derzeitige Aufschwung der Grünen macht das Thema Landwirtschaft zusätzlich enorm sexy.

 

 

 

Ich will mal mit der Politik anfangen.

 

 

 

Sie ist wirklich nicht zu beneiden, denn sie muss, wenn sie sich nicht von Interessengruppen vor sich hertreiben lassen will, einen ganzen Wust an Aspekten gewichten und Prioritäten setzen, ohne Entwicklungen zu verschlafen. Dabei ist sie ja gar nicht frei in ihren Entscheidungen, denn die EU setzt die Rahmenbedingungen fest, als einzigem Politikbereich der Gemeinschaft übrigens! (Deshalb fließt da ja auch so viel Geld hin). Gleichzeitig widersprechen sich die angestrebten Ziele oft enorm und man darf gerechterweise Einzelinteressen nicht übergewichten! Natürlich auch die Interessen der Landwirte nicht!

 

Das nennt man Leadership!

 

Welche Aspekte sind das denn nun im Einzelnen zu berücksichtigen? Die Aspekte sind:

 

volkswirtschaftlich, (gibt es eigentlich noch das Ziel der Ernährungssicherheit? Wohin fließt das verfügbare Einkommen der Bürger, welche Strukturen will ich, wie halte ich ländliche Regionen funktionsfähig)

 

betriebswirtschaftlich, (Wie sichern wir Existenz und Vermögen der Landwirte)

 

wissenschaftlich, (in einer „lebendigen“ Diskussion und Glaubensdingen anscheinend völlig vernachlässigbar)

 

ethisch, philosophisch, theologisch (Wie gehen wir mit der Schöpfung und unseren Haustieren, Nutztieren um)

 

ökologisch, (wie wirtschaften wir so ressourcenschonend wie möglich)

 

entwicklungspolitisch, (wessen Ressourcen nehmen wir ersatzweise in Anspruch)

 

(partei-)politisch, (wo gibt es noch so ein wunderbar polarisierendes, emotionales Thema)

 

 

 

Und wenn die Politik sich einmal zu irgendeiner Linie durchgerungen hat, welche Steuerungsinstrumente hat sie dann?

 

Eine ganze Menge, wenn man bedenkt, wie viele Behörden über uns Landwirte Kontrolle ausüben, Auskunft verlangen dürfen und im Zuge des Ordnungsrechtes Sanktionen verhängen können.

 

Wobei diese Behörden auch die Kontrolle über die restliche Wirtschaft ausüben, das ist also nichts Besonderes! Ohne Anspruch auf Vollständigkeit will ich da das Veterinäramt, Amt für Umweltschutz, betrieblichen Umweltschutz, Arbeitsschutz, Wasserbehörden, Boden- und Landschaftsschutz nennen. Das ist nun mal so, und gehört zum Geschäft.

 

Interessanter wird es, wenn der Staat versucht Steuerungsinstrumente zu installieren, um in der Landwirtschaft Politik zu machen, die Strukturen zu beeinflussen. Das Schlagwort, öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen, passt zu diesem Aspekt. Dann wird es kompliziert, denn Wechselwirkungen bleiben nicht aus.

 

Zwei Beispiele:

 

Der Staat versucht, über die Steuergesetzgebung die kleineren Betriebe zu fördern. Die Viehhaltung z.B. wird pro Hektar degressiv (Umsatz-)steuerlich entlastet. Kurz, der kleinere Betrieb darf mehr Vieh halten. Er ist aber gezwungen, intensiver zu wirtschaften, denn das Vieh muss nun mal versorgt werden, Ausscheidungen sind zu entsorgen. In der Tendenz hat dieser Betrieb weniger Möglichkeiten Flächen für Umweltmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Strukturpolitik vs. Umweltschutz.

 

Wenn ich einen Stall nach Tierwohlkriterien baue, wird der maximal gefördert. Das hat aber in den meisten Fällen mit Aussenklima (freie Zu- und Abluft) und Haltung auf Stroh zu tun. Wenn ich einen natürlich belüfteten Stall habe, kann ich die Abluft nicht geregelt bzw. sogar gereinigt in die Umwelt entlassen. Die Abluftemissionen in die Natur sind unkontrollierbar. So ein Stall wird oft nicht genehmigt! Immissionsschutz vs. Tierschutz

 

 

 

Das erinnert mich immer an die Erzählung des Försters, der den benachbarten ehemaligen Truppenübungsplatz, jetzt Naturschutzgebiet betreut.

 

„Große Erfassung des Insektenbestandes. Ganze Schwadronen an Umweltschützer schwärmen aus, erfassen, katalogisieren, zählen. Leider zur Hochzeit der Brut unserer Bodenbrüter! Ohne Rücksicht auf Verluste werden die Ruhezonen zertrampelt!“ Partikularinteressen…

 

 

 

Es wäre schon schön, wenn einer die große Linie vorgeben würde,

 

Leadership halt!

 

 

 

 

 

Man macht sich so seine Gedanken….

 

 

 

Macht´s gut,

 

Christoph

 

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